Gänsezug vom Dollart Richtung Borssumer Hammrich

Wildtiere

Wildtiere gelten als herrenlos, sie gehören niemandem. Sie leben frei in der Natur (Wildnis). Zu vielen Wildtierarten gibt es auch ein domestiziertes Gegenstück – das heißt, eine zahme, als Haustier gehaltene Art. Man denke da nur an den Wolf und den Haushund, an Wildenten und Wildgänse – gegenübergestellt dazu das Hausgeflügel oder die vielen Wildrinderarten (Büffel, Bisons, Zebus) und unsere heimischen Rinder.

Rinder und Nonnengänse
Rinder und Nonnengänse

Doch nicht nur die aufgezählten Säugetiere zählen zu den Wildtieren. Es gehören auch alle anderen Tiere dazu, die eben „wild“ leben – also Mäuse, Amphibien (Frösche, Salamander), Vögel und Insekten. Bei den Insekten denke man an die Tausende von verschiedenen Arten, wie Käfer, Fluginsekten, staatenbildende Insekten (z.B. Bienen – auch hier gibt es verschiedene Wildformen und die domestizierte Art, nämlich unsere Honigbiene).

Wildtiere und Wild

Man unterscheidet Wildtiere und Wild, wobei zu beachten ist, dass Wild wohl zu den Wildtieren gehört, allerdings nicht alle Wildtiere als Wild bezeichnet werden können. Mehr zur Definition „Wild“ gibt es weiter unten.

Ein Sperber attakiert einen Starenschwarm
Ein Sperber attakiert einen Starenschwarm

Der Biotop

Wenn sich in einem Gebiet sehr viele verschiedene Wildtierarten in einem gleichgewichtigen Wechsel zueinander aufhalten, handelt es sich um einen Biotop. Ein gesunder Biotop setzt immer eine Biozönose voraus. In eine Biozönose, also eine intakte Lebensgemeinschaft, darf man zur Begünstigung der einen oder anderen Tierart keinesfalls eingreifen. Das gesunde Gefüge würde auseinanderbrechen.

Um das zu veranschaulichen, wäre hier ein Tümpel mit Amphibien, Fischen und Insekten zu nennen: Die Fische und Frösche würden sich ungehemmt vermehren, bis der Tümpel biologisch „umkippt“, gäbe es da nicht die Tierarten, die sich vom Laich (Eier der Fische und Frösche) ernähren würden. Bei einer Überpopulation von Fröschen können die Froschdamen auch ein Hormon ausscheiden, welches die männlichen Tiere unfruchtbar macht. Die Insekten am Tümpel werden von den Amphibien, teilweise von Fischen und Raubinsekten (Libelle, Hornisse), dezimiert.
So hält sich ein Gleichgewicht, bei welchem keine der vorhandenen Tierarten die Überhand gewinnt.

Dieses Gleichgewicht ist natürlich und trifft auch auf andere Tierarten und Gebiete zu. So gibt es oft Meinungsverschiedenheiten wegen diverser Raubtierarten, die durchaus zu einem gesunden Biotop dazugehören.

Seeadler im Naturschutzgebiet Petkum
Seeadler im Naturschutzgebiet Petkum

Angebot und Nachfrage reguliert den Beutegreiferbestand

Ein Beispiel, das in der Tierschutzarbeit häufig auffällt, ist ein plötzlicher kleiner Anstieg der Räuberzahl, beispielsweise von Eulen in unseren ländlichen Gegenden. Hier sollte man wissen: Die Natur ist immer ein Wechsel zwischen „Angebot und Nachfrage“. Eulen legen nicht ihre Eier mit sehr kurzem Abstand hintereinander, wie unsere Haushühner – es liegt immer eine gewisse Zeit zwischen den einzelnen Ablagen. Nun schlüpfen die Eulenküken zu verschiedenen Zeiten und haben entsprechend unterschiedliche Größen. Sie sitzen im Gelege wie die „Orgelpfeifen“.

In einem Jahr, in dem die Witterung für Mäuse günstig war und ein Überfluss daher an Nahrung bestand, werden alle Eulenkinder satt und erwachsen. Gibt es witterungsbedingt nur wenige Mäuse und die Eulenküken leiden Hunger, wird kurzerhand das jüngste Tier verspeist. Langt das nicht, geht es dem nächsten Küken an den Kragen und so ist es durchaus möglich, dass in einem schlechten Mäusejahr nur das älteste Eulenkind überlebt – als Kannibale. Ein menschlicher Eingriff in dieses Gefüge würde einiges durcheinanderbringen.

Feldhasen
Feldhasen

Einfluss des Menschen auf den Beutegreiferbestand – Beispiel Schweiz

Dieses sind nur wenige Beispiele, um das Zusammenwirken zu veranschaulichen. Es trifft aber auf alle gesunden Biotope zu. Wo der Mensch Veränderungen vorgenommen hat, funktioniert dieses Gleichgewicht nicht mehr.

In der Schweiz wurden durch Volksentscheide Gebiete errungen, die grundsätzlich nicht bejagt werden dürfen. Die Schweizer befürchteten, dass der Fuchs die Gebiete durch eigene Vermehrung leerplündern könnte. Im ersten Jahr vermehrten sich die Füchse tatsächlich, in der Folgezeit trat eine Veränderung ein: Die Fähe (Fuchsdame) bekam weniger Welpen. Ähnlich verhält es sich bei den Rabenvögeln: Je stärker die Bejagung, desto größer und effektiver die Brutgeschäfte (siehe Josef H. Reichholf: Rabenschwarze Intelligenz; was wir von Krähen lernen können).

Inzwischen gibt es in diesen Gebieten ein Problem mit Schwarzwild: Die Wildschweine haben sich nicht exponentiell vermehrt. Vielmehr sind es zugewanderte „Flüchtlinge“ aus dem benachbarten Frankreich. Die Tiere werden auf französischem Gebiet bejagt und fliehen über die Grenze in die befriedeten Teile der Schweiz – ganz schön clever, in sichere Gebiete zu laufen!

Schlafende Nonnengänseim Naturschutzgebiet Petkum
Schlafende Nonnengänseim Naturschutzgebiet Petkum

Bestandsregelung bei Katzen: Das Problem der verwilderten Hauskatzen

Sehr gravierend ist die Vermehrung durch Dezimierung bei Hauskatzen zu beobachten: Der unerwünschte Nachwuchs wird vielerorts einfach entsorgt. Da nach der Entsorgung der Milchfluss des Muttertieres unterbrochen wird, wird die Katze sofort wieder rollig und kann belegt werden. Die Kater der Nachbarschaft warten schon … Beim wilden Löwen verhält es sich ebenso, daher tötet ein männliches Tier sofort nach Übernahme eines Rudels alle Jungtiere. So werden seine neuen „Damen“ rollig und er sichert sich seinen eigenen Nachwuchs.

Katzendamen, denen ständig die Welpen genommen werden, wollen ihren Nachwuchs behalten und werfen sie im Schutz vor den menschlichen „Räubern“ im Unterholz oder anderen Verstecken. Sie halten ihre Kinder von Menschen fern und bringen ihnen bei, diesen zu meiden. Diese Aktionen bescheren uns die verwilderten Hauskatzen. Ausgesetzte Hauskatzen sind menschenbezogen und gebärden sich glücklich, wenn sich jemand ihrer annimmt. Hier ist die Kastration der Katze durch einen Tierarzt die einzige sinnvolle Maßnahme.

Übrigens: Die Befürchtung, verwilderte Hauskatzen würden den heimischen Vogel- und Kleinnagerbestand gefährden, ist unbegründet. Die domestizierten Tiere können in der Natur nicht lange überleben. Zwar bekommen sie mehrmals Junge, sodass die Population bei ausbleibenden Kastrationen steigt, doch erkranken sie schnell und sind oft nicht in der Lage, zu jagen. Statt sich auf die schwierig zu erbeutenden Vögel und Kleinnager zu konzentrieren, fressen verwilderte Hauskatzen häufig Insekten, Abfall und Aas.

Kraniche und Graugänse
Kraniche und Graugänse

Wildtiere für menschliches Vergnügen nutzen?

Der Tierschutz lehnt die Haltung von Wildtieren in Zirkussen ab. Die Tiere können dort nicht artgerecht untergebracht werden. Insbesondere die Haltung von Delphinen und Orcas in Delphinarien ist keinesfalls artgerecht – die Tiere sind oftmals verhaltensgestört und aggressiv, sie verletzen ihre Artgenossen und sich selbst.

In Deutschland gibt es eine Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten: die Bundesartenschutzverordnung. Lesen sie mal rein.

Ein Greifvogel hat einen Alpenstrandläufer geschlagen.
Ein Greifvogel hat einen Alpenstrandläufer geschlagen.

Eingriff des Menschen in die Natur

Natur funktioniert und ist im Gleichgewicht, sofern der Mensch nicht eingreift. Ein Eingreifen in die Natur erfolgt durch verschiedene Unternehmungen, wie Veränderungen der Landschaft, den Einsatz von Pestiziden, Monokulturen, Bebauungen, Gewässerverunreinigungen und durch die Jagd, womit wir beim Thema Wild sind.

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Was ist „Wild“? Oder: das Problem mit der Jagd

Welchen Sinn macht die Differenzierung zwischen Wild und Wildtieren? Es verhält sich hier ebenso, wie bei der Aussage: alle Birken sind Bäume, aber nicht alle Bäume sind Birken. Was ist darunter zu verstehen?

Das Wort „Wild“ kommt aus der Jägersprache und bezeichnet die jagdbaren Tierarten unter den Wildtieren. Jäger unterscheiden Wild, Raubwild und Raubzeug.

Als Wild wird das bezeichnet, was im Kochtopf landet oder eben zu diesem Zweck auch verkauft werden darf: Reh, Hase, Wildkaninchen oder Federwild wie Fasan, Ente und Gans.

Als Raubwild werden Fuchs, Marder, Luchs, Greifvogel, Wolf etc. bezeichnet.

Als Raubzeug bezeichnen Jäger beispielsweise Hauskatzen, Rabenkrähen oder wildernde Hunde.

In diesem Zusammenhang sollte man Hege und Naturschutz unterscheiden. Das Jagdrecht ist mit der Verpflichtung zur Hege verbunden. Bei der Hege geht es nach dem Jagdgesetz allerdings nur um jagdbare Arten, also setzt man sich dafür ein, möglichst viele jagdbare Tierarten zu erhalten. Im Naturschutz ist man bemüht, vielfältige, natürliche Lebensgemeinschaften zu erhalten.

Jagd in Schutzgebieten, Trophäenjagd, Diplomatenjagd – der Tierschutz kann darin keinen Beitrag zum Naturschutz erkennen.

Gänsezug vom Dollart Richtung Borssumer Hammrich
Gänsezug vom Dollart Richtung Borssumer Hammrich

Hilfe für verletzte Wildtiere

Ebenfalls problematisch: Wer ein verletztes oder krankes Wildtier, welches unter das Jagdrecht fällt, findet und zum Tierarzt fährt, macht sich rein rechtlich der Wilderei strafbar. Versagt er aber diesem Tier die Hilfe, verletzt er das Gebot des Tierschutzes. Nicht immer ist der Jagdpächter gleich erreichbar und schnelle Hilfe von dieser Seite möglich.

Hier entscheiden wir, der Bunte Kuh e.V. Leer, manchmal schnell selbst und handeln – Hilfe gibt es auch von der Polizei, der zuständigen Naturschutzbehörde oder dem örtlichen Veterinäramt.

Wie bei einem Verkehrsunfall können die Situationen und Umstände sehr unterschiedlich sein und man entscheidet vor Ort und sucht nach einer sinnvollen, schnellen Lösung, um dem verletzten Tier zu helfen.

Kein Tier hat es verdient, zu leiden!

V.i.S.d.P.: Renate Ankelmann